Der unfreundliche Amerikaner

Tag 46: 07.06.2023

Route: Fort Stevens Statepark – Astoria – Pacific Beach

Nach den letzten Tagen mit dicht gedrängtem Tagesprogramm, stand heute wieder einmal ein reiner Fahrtag auf dem Programm. Es galt die 115 Meilen von unserem Campingplatz im Fort Stevens Statepark bis nach Pacific Beach zurückzulegen. Dabei ging es nicht nur durch die als „Little San Francisco“ bezeichnete Küstenstadt Astoria, der Heimat der „Goonies“, sondern auch zurück in den nordwestliches Bundesstaat der USA – Washington State.

Doch zunächst waren noch ein paar organisatorische Aufgaben zu erfüllen: Einkaufen, Tanken und Propangas nachfüllen. Also Handy ein, Google Maps geöffnet und das nächste Walmart Supercenter gesucht. Gottseidank sind wir mittlerweile schon halbe Walmart-Profis. So fanden wir uns auch in der Filialen in Warrenton schnell zurecht. Obst, Gemüse, Fleisch, Milch, Joghurt, Wasser, Baby-Kekse. Schnell wanderten die üblichen Verdächtigen in unseren Einkaufswagen und wir damit zur Self-Checkout Kassa. Damit sollten wir unseren Berechnungen nach eigentlich bis zum Schluss durchkommen. Mal schauen…

Quasi direkt gegenüber sollte auch unser Camper wiederaufgefüllt werden. „Fred Myer“ füllte sowohl Benzin als auch unser Propan wieder auf. Oregon-typisch muss das tatsächlich durch eine „Fachperson“ erledigt werden. Was beim Propan noch verständlich ist, mutet beim Benzin für uns immer befremdlich an. Da darf man als Kunde die Zapfsäule nicht einmal berühren, geschweige denn selbst tanken. Naja, das letzte Mal heute.

Kurz nach 12 waren wir dann endlich unterwegs. Über die Astoria-Megler Bridge ging es von Oregon nach Washington und dort immer die 101 North entlang der Küste bis Pacific Beach. Eine kleine Pause gab es zwischendurch im City Park der Kleinstadt Raymond. Nein, dieses Mal kein Salat für Ingrid und Thomas. Zur Feier des Tages gönnten wir uns ein Lemon-Pepper-Chicken, das frisch im Walmart Deli für uns gegrillt wurde. Eine willkommene Abwechslung und dazu auch noch echt lecker. Jakobs Lunch-Menu bestand dabei aus Kartoffeln mit Gemüse. Offenbar fand er das kulinarisch aber eher unspannend. Das „Fleis“ von Mama und Papa war da schon viel interessanter. So wurde das ohnehin schon nur halbe Hendl durch drei, statt zwei geteilt. Hat aber auch so gut gepasst.

Gegen 16 Uhr trafen wir dann am Campground des Pacific Beach Stateparks ein. Der erste Eindruck war schon mal Hammer. Direkt am Strand – näher geht es wirklich nicht. Das ist keine Statepark, sondern eher ein State-Beach. Also schnell die Selbst-Registrierung erledigt und auf zu unserem vorreservierten Stellplatz 17. Dachten wir zumindest. Denn auf „unserem“ Platz 17 stand bereits ein riesiger amerikanischer Wohnwagen. Ach nein, das hatten wir bisher noch nie. Und auf Diskussionen mit fremden Amis hatten wir heute auch sowas von überhaupt keine Lust. Aber was solls. Thomas ging rüber zu „unserem“ Stellplatz und klopfte an der Tür des Falschparkers. Schon tauchte ein mürrischer, alter Man auf und begrüßte uns mit einem „WHAT?!“. Nachdem Thomas kurz die Situation bez. der Reservierung und des falschen Stellplatzes geschildert hat, meinte der ältere Herr lediglich „I didn‘t see any reservation. Go and get a ranger. Then we can talk“. Also wir sollten einen Ranger holen. Vorher brauchen wir gar nicht weiterreden. Doof nur, dass das Office unbesetzt und somit kein Ranger weit und breit war. Darauf kam nur ein freches „Then find another spot pal!“. Perplex murmelte Thomas nur ein „Thanks for nothing“ und ging zurück zu Frau und Kind. Was tun? Das hatten wir in 15 Jahren Amerika noch nie erlebt. Es gibt also doch auch unfreundliche Amerikaner, unglaublich. Aber bei einem Land, das einen Donald Trump zum Präsidenten gewählt hat, musste man das eigentlich auch erwarten…

Wir suchten uns also einen anderen Stellplatz und hofften, dass wir hier nicht von einem später auftauchenden Camper mit Vorreservierung verscheucht werden würden. Nach dem ganzen Ärger um Nichts, gab es zur Beruhigung der Nerven einen heißen Kaffee in der Sonne – natürlich am eigenen Picknick-Tisch mit einzigartigem Blick auf den Pazifik. Schon besser!

Noch besser wurde es, als dann doch ein Statepark-Ranger vorbeischaute. Schnell lief Thomas zum vorbeifahrenden Pickup und erklärte die Situation. „Das darf so nicht sein! Da müssen wir was machen, schon alleine aus Prinzip!“ war die aufmunternde Reaktion des Rangers. Eigentlich wollten wir ja nur wissen, ob wir auf dem neuen Stellplatz 7 stehen bleiben dürfen. Wenn aber der werte Herr „Ich bewege mich hier nicht weg!“ zusätzlich eine kleine Standpauke bekam, hatten wir nichts dagegen. Das Ende vom Lied war dann: der Falschparker musste den Park verlassen, wir durften am Platz 7 bleiben und uns wurde als Wiedergutmachung die Hälfte der Stellplatzgebühren rückvergütet. Hah, hätte nicht besser laufen können!!

Etwas Strandspazieren und im Sand spielen später, war es auch schon wieder Zeit für das Abendessen. Heute wurde Olive Garden Mitnahme-Menü Nummer 2 serviert. Die Fettucini Alfredo unseres Lieblingsitaliener war genau so gut, wir wir sie in Erinnerung hatten. Über die Kalorien darf man da aber nicht nachdenken. Diese stehen zwar immer in der Speisekarte, aber Gottseidank nicht auf der ToGo-Box. So konnten wir die kleine Sünde ohne allzu großes schlechtes Gewissen genießen. Gepimed wurde die Pasta mit dem gegrillten Hühnerfilet von Dienstag. Jetzt waren die strapazierten Nerven endgültig wieder im Gleichgewicht.

Dieses wurden aber kurze Zeit später, bei Thomas’ abendlichen Fotoshooting massiv auf die Probe gestellt. Das Shooting fiel nämlich aus zwei Gründen ins Wasser oder, besser gesagt, in den Sand. Fehlendes Licht und kein Motiv waren ja schon mal schlechte Vorzeichen. Ohne ein einziges Foto geschossen zu haben, marschierten Thomas also wieder zurück zum Camper – Stativ und Kamera wurden auf der rechten Schulter transportiert. Als ein paar Schritte vor Ende des Sandstrandes ein leises Klick, gefolgt von einem dumpfen „Paam“ zu hören war. Wegen der plötzlichen Leichtigkeit des Stativkopfes war Thomas sofort klar, was passiert war. Ohne sich umzudrehen, musste dem Ärger erst einmal durch ein wütendes „Neeeiinn, nicht schon wieder!“ Luft gemacht werden. Hinter ihm lag Kamera, Objektiv inkl. der zwei montierten Filter im Sand. Zurück im Camper folgte „the same procedure as last time“. Reinigungsalkohol, Küchenrolle usw. wurden auf dem Esstisch ausgebreitet und anstatt den Abend entspannt zu beenden, wurde eine erneute Putzsession eingeschoben. Als wieder alles so gut wie möglich vom Sand befreit war und es im inneren des Wohnmobils wie in einem Operationssaal roch, folgte der von Angst begleitete Funktionstest. Puh, alles macht, was es soll. Schon wieder Glück gehabt. Jetzt reicht es dann aber auch mit diesen Aktionen. Genug geputzt!

Müde wurde noch am Blog weitergearbeitet, während Ingrid alles Wissenswerte zu unserem morgigen Ziel und letztem Highlight der Reise recherchierte: dem Olympic Nationalpark, in dem wir die kommenden vier Nächte verbringen dürfen. Ihr dürft gespannt sein!

Leave a Comment

Scroll to Top